Fährt ein Kraftfahrzeug einen Fußgänger an, haftet der Halter dieses Kraftfahrzeuges bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung grundsätzlich aus dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr. Wie verhält es sich, wenn der Unfall dem Alkohol verschuldet ist?
Ein alkoholisierter Fußgänger geräd zwischen Achsen eines LKWs
In einem am 17.4.2015 entschiedenen Fall (OLG Hamm, Aktenzeichen I – 9U34/14) wurde folgender Sachverhalt beurteilt. Auf dem Parkplatz eines Supermarktes kam der mit 2,49 Promille alkoholisierte Kläger zwischen die Achsen eines Lkw. Der klagende Fußgänger erlitt schwerste Verletzungen.
Aufgrund der erheblichen Alkoholisierung (2,49 Promille) kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass im Rahmen der vorzunehmenden Haftungsabwägung die Betriebsgefahr des Lkw vollständig zurück tritt. Damit wurde jegliche Haftung der Beklagten Kfz Haftpflichtversicherung verneint. Die im Unfallzeitpunkt gemessenen Blutalkoholkonzentration von 2,49 Promille begründe die alkoholbedingte Verkehrstüchtigkeit eines Fußgängers, in dieser zuvor durch eine Verhaltensweise (torkeln, starkes Schwanken) aufgefallen ist, die typisch für einen unter Alkoholeinfluss stehenden Fußgänger ist.
Ist der Ort des Unfalls ausschlaggebend?
In diesem Fall ist somit ausnahmsweise Betriebsgefahr des Lkw zurückgetreten. Weiterhin wurde in dem Urteil diskutiert, ob es sich um einen öffentlichen Verkehrsraum bei dem Supermarktgelände hatte, handelte, mit der Folge, dass Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) eingreifen. Ob ein Verkehrsraum öffentlich ist oder nicht, bemisst sich nicht nach den Eigentumsverhältnissen an den jeweiligen Grundstücksflächen. Maßgeblich ist vielmehr, ob der in Rede stehende Verkehrsraum ausdrücklich oder stillschweigend durch den jeweils Berechtigten für den öffentlichen Verkehr freigegeben ist. Demzufolge ist ein Verkehrsraum dann öffentlich, wenn er entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird (BGH NJW 2004,1965).
Auf Supermarktparkplätzen, die jedermann zugänglich sind, findet somit die StVO regelmäßig Anwendung. Eine entsprechende Beschilderung („hier gilt die StVO“) ist entgegen landläufiger Meinung hierfür nicht erforderlich.
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Dr. Henning Hartmann
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
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