Beim Pkw-Kauf hört für den Deutschen der Spaß auf. Nirgends wird so erbittert um Ansprüche aus Kaufverträgen gekämpft wie nach der Anschaffung eines Autos. Wenn Käufer sich beim Autokauf betrogen fühlen, ziehen sie daher häufig vor Gericht. Begünstigt wird dies durch das Eintreten der Verkehrsrechtsschutzversicherung. Denn entgegen landläufiger Meinung handelt es sich zwar um eine „vertragsrechtliche“ Angelegenheit, gleichwohl fallen diese Streitigkeiten bei den Rechtsschutzversicherungen unter „Verkehrsrecht“. Entsprechend gibt es zahlreiche Urteile zum Kaufrecht beim Gebrauchtwagenkauf. Aber auch der Neuwagenkauf beschäftigt die Gerichte immer wieder. Über ein aktuelles Urteil aus diesem Bericht soll heute berichtet werden.
Die Berufungskammer des Landgerichts Ansbach hat am 9.7.14 zu dem Aktenzeichen 1 S 66/14 ein interessantes Urteil zu dem Thema Sachmängelgewährleistung beim Kauf eines Neuwagens gefällt. Kernaussage: Wenn bei einem Neuwagen auch nur eine geringe Farbabweichung zwischen dem bestellten und dem gelieferten Farbton besteht, handelt es sich um einen Mangel, der die volle Breite an Sachmängelansprüchen eröffnet.
AGBs schützen gegebenfalls nicht
In dem entschiedenen Fall wurde ein Pkw in der Farbe „Track-Grau“ bestellt und in der Farbe „Pirineos-Grau“ geliefert. Die Abweichung ist minimal und für das ungeübte Auge gar nicht ohne weiteres erkennbar. Zudem hatte der (gewerbliche) Verkäufer in seinen AGBs einen Passus eingebracht, wonach „Abweichungen im Farbton vorbehalten blieben, wenn die Änderung nicht erheblich und für den Käufer zumutbar sei“. Diese Klausel ist nach Auffassung des Gerichts aber unwirksam, weil für den Kunden nicht erkennbar sei, von welchen Kriterien die Erheblichkeit der Änderung und deren Zumutbarkeit für den Kunden abhänge.
Entscheidend für den erfolgreichen Prozessausgang (für den Käufer/Kläger) war aber, dass nach Auffassung des Gerichts die Leistungsänderung im konkreten Fall dem Käufer nicht zumutbar sei, „da es sich bei einem Neuwagenkauf um ein wirtschaftlich bedeutendes Geschäft handele, bei dem der Käufer üblicherweise eine bestimmte, individualisierte Farbwahl getroffen habe und nur deswegen bereit sei, den vereinbarten Kaufpreis zu bezahlen.“ Mit anderen Worten: Dem Deutschen ist sein (Neu-)Wagen so wichtig, und diese Priorität ist auch so schützenswert, dass selbst die kleinste Abweichung von dem bestellten Vertragsinhalt einen Mangel darstellt. Der Neuwagenkauf als ein Höhepunkt im Leben, der durch nichts beeinträchtigt werden darf.
Die Richtigkeit der Informationen muss von der Verkäufer-Seite gewährleistet werden
Als weiteres Argument führte das Gericht an: Zudem sei es Sache der Verkäuferin gewesen, noch vor Abschluss des Kaufvertrags die Verfügbarkeit des konkret bestellten Fahrzeugs zu prüfen und sich vor einer vom Hersteller durchgeführten Farbänderung, wenn dies denn der Grund für die Abweichung gewesen sein sollte, zu schützen.
Ein Urteil mit durchaus weitreichenden Folgen für die Verkäufer von Neuwagen. Denn aus den oben genannten Gründen ist nun die in vielen Kaufverträgen enthaltene Klausel „Abweichungen im Farbton bleiben vorbehalten, wenn die Änderung nicht erheblich und für den Käufer zumutbar ist“ aus den Vertragsformularen zu streichen. Aber das LG Ansbach ging noch weiter. Auch die AGB-Klausel „Modelländerungen sowie Ausstattungsänderungen durch den Hersteller gehen zu Lasten des Käufers“ ist als unwirksam anzusehen und darf nicht mehr verwendet werden.