Endgültige Rückgabe des Verfahrens an die Verwaltungsbehörde
Wenn man als Autofahrer beispielsweise geblitzt worden ist, stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt man wieder ruhig schlafen kann. Wann also muss der Eingang eines Bußgeldbescheides nicht mehr befürchtet werden?
Geblitz und verjährt
Bedeutend ist, dass die Verjährungsfrist bei Verkehrsordnungswidrigkeiten vor Erlass eines Bußgeldbescheides 3 Monate beträgt. Wenn Sie als Betroffener somit binnen 3 Monaten nach dem „Blitz“ keine Post erhalten haben, ist die Sache verjährt. Im weiteren Verlauf des Verfahrens (also wenn ein Bußgeldbescheid vorliegt) beträgt die Frist 6 Monate. Sie kann dann durch diverse Handlungen von Behörden und Gerichten immer wieder unterbrochen werden.
Die Verwaltungsbehörde muss den Sachverhalt ausreichend aufklären, bevor sie ihn an das Amtsgericht abgibt. Wenn eine solche Sachaufklärung noch nicht ausreichend geschehen ist, kann das Gericht zum Zwecke der weiteren Sachaufklärung die Akte an die Verwaltungsbehörde zurückgeben. Dies ist in § 69 Abs. 5 Satz 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) geregelt.
Akteneinsicht bei einem Blitzer-Verfahren
Nachdem der Fahrer geblitzt wurde, wurde durch das Amtsgericht Minden am 4.3.2016 (Aktenzeichen 15 OWI – 502J es 3652/15 – 154/16) und die Verwaltungsbehörde ein Bußgeldbescheid erlassen, gegen den der Betroffene rechtzeitig Einspruch eingelegt hat. Das Amtsgericht hat unter dem 9.11.2015 die Akten mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft wegen offensichtlich ungenügender Sachaufklärung an die Verwaltungsbehörde zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen. Die Verwaltungsbehörde hat eine weitere Sachaufklärung durchgeführt und die Akten erneut dem Amtsgericht zur Durchführung legt. Eine erneute Prüfung hat sodann jedoch ergeben, dass auch nach diesen weiteren Ermittlungen ein hinreichender Tatverdacht nicht bestehen. Deshalb war das Verfahren gemäß § 69 Abs. 5 Satz 2 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) endgültig an die Verwaltungsbehörde zurückzugeben.
Keine Ordnungswidrigkeit trotz Blitzer?
Dies aus folgendem Grund: In der erstmaligen Zurückverweisung gemäß § 69 Abs. 5 Satz 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine Fahrer Identifizierung nach Aktenlage nicht möglich ist. Selbst wenn der Halter des Fahrzeuges und Vater des Betroffenen nach erforderlicher Belehrung gemäß § 52 StPO (zusätzlicher qualifizierter Belehrung) die Nichtverwertbarkeit seiner Angaben im Rahmen der durchgeführten reformatorischen Befragung in der Tat nach seinen Angaben sodann wiederholen würde, kann hieraus nach Auffassung des Amtsgerichts eine sichere Fahrerfeststellung nicht getroffen werden. Es war vorliegend nicht auszuschließen, dass eine unbekannte dritte Person der Fahrzeugführer war. Ein Abgleich durch den ermittelnden Polizeibeamten war zum Zeitpunkt der ersten Zurückverweisung nicht erfolgt. Der Betroffene berief sich sodann auf sein Schweigerecht.
Die Verwaltungsbehörde hatte nunmehr ein Lichtbild vom Einwohnermeldeamt, auf dem der Betroffene abgebildet sein soll, vorgelegt. Eine Identifizierung war aufgrund dieses Lichtbild ebenfalls nicht möglich, da es wenig aussagekräftig war. Zudem wurden die eingesetzten Polizeibeamten erneut zur schriftlichen Stellungnahme aufgefordert. Es verblieb bei den Bedenken in Bezug auf die Verwertbarkeit des Lichtbildes. Sodann hat das Gericht das Verfahren gemäß § 69 Abs. 5 Satz 2 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) endgültig an die Verwaltungsbehörde zurückgegeben.
Mangelhafte Ermittlung und frühe Verteidigung ausschlaggebend
Die Angelegenheit war damit für den Betroffenen erledigt. Man sieht auch in dieser Entscheidung, dass eine hinreichende Ermittlungstätigkeit durch die Behörde Voraussetzung für die Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens ist. Sofern die Behörde ihre Ermittlungspflicht nicht nachkommt, ist das Verfahren dann eben nicht geeignet, Grundlage für eine Verurteilung des Betroffenen zu sein. Die Konstellation ist somit vergleichbar mit dem Eintritt von Verjährung.
Wichtig ist in jedem Falle eine frühzeitige, wohl überlegte Verteididung. Lassen Sie in keinem Falle Bußgeldbescheide oder Strafbefehle ohne Prüfung gegen Sie rechtskräftig werden!
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Dr. Henning Hartmann
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht