(Oranienburg) Geschwindigkeitsmessungen sind oftmals angreifbar. Immer wieder ergeben sich Ansatzpunkte, die ein Vorgehen gegen die konkrete Geschwindigkeitsmessung durchaus Erfolg versprechend erscheinen lassen. Die Grundkonstellation ist immer, dass von einem sog. „standardisierten Messverfahren“ ausgegangen wird, solange bestimmte Voraussetzungen (Aufbau, Bedienung) hinsichtlich des konkreten Messgerätes eingehalten werden. Hierbei ist auch die Protokollierung dieser Schritte wichtig, denn ansonsten kann nicht von der Einhaltung dieser Voraussetzungen ausgegangen werden. Nun gibt es aber neuerdings noch einen weiteren Denkansatz. Denn:In letzter Zeit haben einige amtsgerichtliche Urteile (u.a. AG Kaiserslautern, AG Landstuhl) für Aufsehen gesorgt, in denen bemängelt wurde, dass das Messgerät ES 3.0 des Herstellers ESO die Beteiligten darüber im Dunkeln lasse, wie sich nun genau der Messwert errechnet, der dem Betroffenen jeweils vorgeworfen wird. Diese fehlende Nachvollziehbarkeit der Messwertermittlung führe dazu, dass auch ein gerichtlich eingesetzter Sachverständiger letztlich nicht überprüfen könne, ob die Messung nun richtig ist oder nicht.
Das OLG Zweibrücken hat in seiner Entscheidung vom 19.10.2012 (A.Z.:1 SsBs 12/12) hingegen die Auffassung vertreten, dass dies allein keine rechtliche Unverwertbarkeit der Messung begründe. Es handele sich, schon wegen der Zulassung bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), um ein standardisiertes Messverfahren. Der Richter könne nur dann von einer unzutreffenden Messung ausgehen, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlmessung vorliegen. Wenn es zum Beispiel Abweichungen von der Gebrauchsanleitung gibt, kann die jeweilige Messung nur noch als individuelles (nicht mehr: standardisiertes) Messverfahren angesehen werden. Dessen Korrektheit muss dann konkret überprüft werden. Dabei ist das Amtsgericht von Amts wegen zur Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet und es kann bei Zweifeln auch einfach eine Erhöhung des Toleranzabzuges vorgenommen werden. Ein Beweisantrag des Betroffenen ist eigentlich nicht erforderlich, das Aufklärungsgebot richtet sich an das Amtsgericht (vgl. BGH, Urteil v. 30.8.1988; A.Z.: 1 StR 357/88). Dennoch ist für konkrete Nachfragen an das Bedienpersonal natürlich der Verteidiger gefragt. Und hierfür bedarf er der Bedienungsanleitung für das Messgerät, sonst können die einzelnen Bedienschritte ja gar nicht nachvollzogen werden. Deshalb gewähren die meisten Gerichte auch inzwischen die Einsichtnahme in die jeweilige Bedienungsanleitung des Messgerätes.
Bei Bestehen einer (Verkehrs-) Rechtsschutzversicherung kann der gesamte Vorgang ohne Kostenrisiko überprüft werden. Alle erdenklichen Ansatzpunkte können von dem Verteidiger gezielt daraufhin vorgebracht werden, dass die Messung nicht zu einer Verurteilung führen kann. Das Ziel ist hierbei ein Freispruch, oder – was für den Betroffenen auf das selbe hinaus läuft – eine Einstellung des Verfahrens nach § 47 II OWiG. Im Falle eines solchen Verfahrensausgangs werden keine Punkte in Flensburg eingetragen, kein Fahrverbot wird wirksam, und das Bußgeld muss auch nicht bezahlt werden. Wie man also sieht, macht das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung durchaus den Unterschied darüber aus, ob man sich mit Aussicht auf Erfolg wehren kann, oder nicht.