Bei dem jüngsten „Blitzermarathon“ im September 2014 wurden bundesweit tausende Autofahrer einer Geschwindigkeitsmessung unterzogen. Viele wurden zu Bußgeldern und Fahrverboten durch Bußgeldbescheide „vor“-verurteilt. Warum „vorverurteilt“? Da die Bußgeldstellen gar kein Urteil sprechen können kann kein Urteil ausgesprochen werden. Das kann nur der Amtsrichter. Binnen einer Frist von zwei Wochen muss der Betroffene Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen. Durch den Einspruch kann das Ergebnis nur zu seinen Gunsten beeinflusst werden. Der Betroffene kann also durch die Einspruchseinlegung nur gewinnen. Im schlechtesten Fall kann der Einspruch zu jedem beliebigen Zeitpunkt zurück genommen werden. Es bleibt dann bei dem Einspruch. Dies gilt insbesondere bei Eingreifen einer Rechtsschutzversicherung. Der Bußgeldbescheid kann dann komplett ohne das Risiko entstehender Kosten angegriffen werden. Denn die Rechtsschutzversicherung für den Bereich Verkehrsrecht tritt für sämtliche Anwalts-, Gerichts- und Sachverständigenkosten ein.
Die Geschwindigkeitsmessung ist zu hinterfragen
Anlässlich des jüngsten Blitzermarathons kam auch wieder die Frage auf, ob Messungen mit bestimmten Geschwindigkeitsmessgeräten überhaupt vor Gericht verwertbar sind. Es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, dass nicht die Frage, ob jemand überhaupt zu schnell gefahren ist, im Raum steht. Es muss dem Betroffenen die Tat mit einer für das Straf- bzw. Bußgeldverfahren hinreichenden Sicherheit nachgewiesen werden. Schließlich ist es – anders als zum Beispiel im Zivilrechtsstreit – nicht der Betroffene, der seine Unschuld beweisen muss. Die Ermittlungsbehörde hat vollständig und mit belastbaren Beweismitteln nachzuweisen, dass der Tatbestand erfüllt worden ist. Dies trifft im Bußgeldverfahren genauso zu, wie im Strafverfahren. Gelingt dieser Nachweis nicht mit der hinreichenden Sicherheit, ist der Betroffene nach dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ freizusprechen.
Eso 3.0 – Messung schwer nachvollziehbar
Besonders in der Kritik steht hiernach ein Lichtschranken-Messgerät des Herstellers Eso GmbH. Bei dem Gerät mit der Bezeichnung „ESO 3.0“ handelt sich um ein Lichtschranken-Messgerät. Für die Messwertermittlung werden Daten des Durchfahrensvon mehreren Lichtschranken gesammelt. Die Messung erfolgt anders als beim Laser- oder Radarmessgerät. Die Zweifel im Hinblick auf die Verwertbarkeit der Geschwindigkeitsmessung mit diesem Gerät ergeben sich im Wesentlichen aus insgesamt drei Gesichtspunkten. Zum einen haben Amtsgerichte schon wiederholt bemängelt, dass die Ermittlung des Messwertes, also der rechnerische Vorgang, bei dem Gerät ESO 3.0 auch für Sachverständige nicht nachvollziehbar ist. Die hierfür erforderlichen Datensätze sind nicht einsehbar und daher auch nicht überprüfbar.
Weiterhin haben Auswertungen folgendes gezeigt: Bei der Auswertung ging das Messgerät von mehreren in Frage kommenden Messdaten von dem jeweils schlechtesten Wert aus. Demjenigen also, der sich zu Lasten des Betroffenen auswirkt. Dies ist ein klarer Verstoß gegen den Grundsatz, dass im Zweifel zugunsten des Betroffenen entschieden werden soll.
Schließlich haben Sachverständige für das Gerät ESO 3.0 nachgewiesen, dass die Datensätze ohne weiteres manipuliert werden können. Beispielsweise können die Daten des Betroffenen (Kennzeichen des Fahrzeuges usw.) problemlos ausgewechselt werden. Ein weiterer Grund, sich gegen jeden Vorwurf eines Geschwindigkeitsverstoßes zu wenden und diesen gründlich überprüfe zu lassen. Oft genug mussten die Gerichte in diesen Fällen einen Freispruch ausurteilen oder haben das Verfahren eingestellt.
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